In der Tatzlwurm Gumpei-Klamm mit Wasserfall hauste der Tatzlwurm, ein mächtiges Drachentier. Die Bezeichnung „Zum Tatzlwurm“ des dort gelegenen Bauernanwesens Aschau am Auerbach schon vor 750 Jahren legt Zeugnis davon ab! Über zwei Felsstufen stürzt sich hier der Auerbach in eine nur wenige Meter breite Klamm – gurgelnd, rauschend, schäumend und sprühend – 95 Meter in die Tiefe. Die vom aufstäubenden Wasser durchsetze Luft schimmert oft in den Farben des Regenbogens. Unten aber ist es finster und feucht und dort töst das Wassers laut. Genau der richtige Platz für einen Drachen!
Damals führte hier auch ein Wallfahrer und Pilgerweg vorbei. Schon seit Jahrhunderten wanderten fromme Pilger, beladen mit ihren Sorgen und Anliegen, von Kufstein in Tirol über Oberaudorf am Inn, Wall, Sudelfeld hinüber übers Gebirg ins Leitzachtal nach Birkenstein, um dort in der Wallfahrtskapelle von der Gottesmutter Maria Hilfe zu erflehen oder nach Erhörung ihrer Bitten Dank abzustatten.
Ein gefundenes Fressen für den Tatzlwurm, ja, seine Lieblingsspeise! Er stürzte sich auf die wandernden Pilger, verschlang sie mit Haut und Haaren, so dass von den Ärmsten nie mehr etwas gefunden wurde. Auch hatte das Ungetüm mehrere Sennerinnen von den Almen der Umgebung verspeist.
Obgleich keiner, dessen er mit seinen schrecklichen Krallen habhaft werden konnte, je heimgekehrt war, wusste man weit und breit von seinem Aussehen und seinem Appetit auf frommes oder jungfräuliches Menschenfleisch. Der Tatzlwurm hat ein riesiges Maul, größer als das eines Krokodils, gespickt mit messerscharfen, spitzen Zähnen. Aus seinen Nüstern stößt er Rauch und Feuer und sein Schuppenpanzer glänzt in allen Farben. Er läuft auf sechs stämmigen kurzen Beine und schließlich hat er auch noch große Fledermausflügel.